Die World Music Charts Europe (WMCE) sind eine Institution: Fans und Branchenprofis orientieren sich gleichermaßen an dieser monatlich erstellten Liste. Als Quelle dienen die Chartlisten von Radiojournalistinnen und -journalisten aus 25 europäischen Ländern.
Die ersten Charts aus dem Jahr 1991 wurden mittels Wertungen aus elf Ländern unter Mitarbeit der Europäischen Rundfunkunion zusammengestellt. Seit dem Jahr 2010 sind 25 Länder beteiligt, die Jury selbst besteht aus 42 Mitgliedern. Aus jedem der teilnehmenden Rundfunksender können dabei bis zu drei Chartlisten eingereicht werden. Jedes Jurymitglied liefert monatlich zehn häufig gesendete Titel einer Weltmusiksendung. Alle Nominierungen (etwa 100-180 verschiedene Alben pro Monat) werden in einer Datenbank ausgewertet und die zwanzig erfolgreichsten Titel zum Beginn jedes Monats veröffentlicht.
Wer rechnen kann, hat es längst erraten: Die WMCE feiern in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag. Zum runden Jubiläum erscheint ein Doppelalbum, auf dem sich die besten Songs der vergangenen zwei Jahre finden. Mit Musik aus Afrika, Lateinamerika, der Karibik, vom Balkan, aus dem Nahen Osten, aus Skandinavien, Ost- und Südwesteuropa – Lieder, die 2019 und 2020 in den WMCE auf den ersten 200 Positionen vertreten waren. Dass sich hier bekannte Namen finden, ist klar: Die Auswahl reicht von Aziza Brahim bis Vedan Kolod, von Helene Blum & Harald Haugaard bis Maria Kalaniemi, Tamikrest und Tautumeitas. Doch es lassen sich sicherlich auch neue Entdeckungen machen!
Der prägende Einfluss hinter den WMCE war seit ihrer Gründung der Weltmusikexperte Johannes Theurer, der seit Ende vergangenen Jahres die Verantwortung in die Hände von Milan Tesař von Radio Proglas übergeben hat. Von 1987 bis 2020 war das Radiourgestein Theurer Moderator und Produzent der Weltmusiksendung „Dschungelfieber“ auf verschiedenen Kanälen des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Theurer ist Ende 2020 in den verdienten Ruhestand gegangen.
Milan Tesař arbeitet seit 1995 als Musikdirektor bei Radio Proglas im tschechischen Brno. Neben anderen Programmpunkten präsentiert er wöchentlich die Sendung „Slyste, lide!“ („Hört, Leute“), die sich auf Weltmusik, Jazz, Blues, Folk und alternative Musik konzentriert.
„Die World Music Charts Europe haben dazu beigetragen, Europa als Weltmusikmarkt zu etablieren. In Bezug auf Traditionen aus Afrika, Asien oder Lateinamerika waren wir alle gleichermaßen ‚Ausländer‘, denn eine afrikanische Veröffentlichung in Schweden könnte genauso gut in Polen oder Ungarn oder Griechenland erhältlich sein. Die loyale Art und Weise, in der wir miteinander zusammenarbeiteten, war etwas Neues – so etwas war im Musikbusiness bis dahin nicht unbedingt üblich gewesen. Sie war auch eine Inspiration für die Musikmesse WOMEX, die ohne die WMCE-Sender ihre erste Ausgabe kaum überlebt hätte“, blickt Johannes Theurer heute zurück.
Die Anfänge waren enthusiastisch, aber die Unterstützung durch die beteiligten Sendeanstalten ließ ab etwa 2008 deutlich nach, berichtet er. Hat ihn das frustriert? „Heute bin ich überglücklich, dass ein neues Team um Milan Tesař mit frischer Energie übernommen hat. Die Charts gibt es jetzt auch auf Facebook und als Playlist auf Spotify. Die Geschichte geht weiter. Und wird es tun, solange es Radiosendungen gibt, die sich der Weltmusik widmen, und solange es Menschen im Hintergrund gibt, die zuverlässig ihre Arbeit machen“, schreibt Theurer im Booklet.
Erscheinungsjahr: 2021
Katalognummer: CPL055